Von Thomas Schader
Am Donnerstag, den 3. September, stellten sich die Historiker*innen für ein weltoffenes Thüringen (HiWelt) der Öffentlichkeit vor. Am Erinnerungsort Topf & Söhne traten Vertreter*innen der Initiative ab 14 Uhr vor die Presse und stellten die Eckpunkte ihrer Resolution, bestehende Arbeitsgruppen sowie einige ihrer Netzwerkpartner vor. Neben Journalist*innen des DLF, MDR, der TA und Radio F.R.E.I. waren auch Vetreter*innen aus Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit anwesend. Simon Hölscher, freier politischer Bildner, eröffnete den Pressetermin und führte durch das Programm der etwa zweistündigen Veranstaltung.
Nach einem Grußwort der stellvertretenden Direktorin der Geschichtsmuseen Erfurt Annegret Schüle (Erinnerungsort Topf & Söhne) stellte Mit-Initiator Sebastian Dorsch (Universität Erfurt) die Initiative, ihre Motivationen und die ermutigende Zusammenarbeit mit zahlreichen weltoffenen Menschen vor. Danach präsentierten weitere Mitglieder die fünf Eckpunkte der gemeinsam entwickelten Resolution für ein weltoffenes Thüringen. Melanie Lal, Studentin und Vertreterin des Fachschaftsrats Geschichtswissenschaft der Universität Erfurt, wies darauf hin, dass sich die Initiative in der Verantwortung sehe, die Achtung der Menschenwürde als Referenzpunkt aller historischer Debatten zu machen. Ferner trete HiWelt für Menschlichkeit und Gleichheit sowie für gesellschaftliche Vielfalt ein und stelle sich aktiv gegen Rassismus, Chauvinismus und gruppenbezogene Menschenfeidlichkeit. Dr. Florian Wagner (Universität Erfurt) betonte, dass die Initiative sich dafür einsetzen werde, in der Öffentlichkeit einen sensiblen und verantwortungsvollen Umgang mit Sprache einzufordern und zu förden. Man wolle jedoch nicht, so Wagner, „als Sprachpolizei auftreten“, sondern in öffentlichen Debatten auf die historische Bedingtheit politisch umstrittener Begriffe, auf deren Entwicklungen, Wandlungen sowie auf deren potentiellen Missbrauch aufmerksam machen. Zudem wolle sich die Initiative dafür stark machen, den Zugang zu historischem Fachwissen zu erleichtern und eng mit lokalen Geschichtsvereinen zusammenarbeiten, um eine demokratischere Teilhabe an historischen Debatten zu ermöglichen. Sabine Schmolinsky (Universität Erfurt) hob die vermittelnde Rolle von HiWelt hervor. Sie machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass ein kritischer Umgang mit historische Diskursen in der Öffentlichkeit neben einer kritischen Produktion auch eine kritische Rezeption von historischem Fachwissen voraussetze. An der Schnittstelle zwischen Fachwissenschaft und öffentlichem Dialog wolle, so Schmolinsky, die Initiative ansetzen.
HiWelt verfügt bereits über verschiedene Arbeitsgruppen zu einschlägigen Themengebieten. Einige davon wurden nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Dr. Reiner Prass (Universität Erfurt) und Alfred Bax (Kulturrat Thüringen e.V.) präsentierten die Arbeitsgruppe „Jüdisches Leben und Antisemitismus“. Die Arbeitsgruppe habe sich zum Ziel gesetzt, einerseits vor dem Hintergrund des Themenjahrs „900 Jahre jüdisches Leben in Thüringen“ auf die Vielfalt des jüdischen Lebens im Freistaat aufmerksam zu machen, andererseits antisemitischen Tendenzen entgegenzutreten, etwa in Form von Workshops, Schulungen und Argumentationshilfen für Multiplikator*innen aus der Zivilgesellschaft. Die Arbeitsgruppe „Schule“, vertreten durch Ulli Hoffmann (Eine-Welt-Haus Jena e.V.) und Alfred Bax, wolle nun mit dem Start ins neue Schuljahr ihre Arbeit aufnehmen, sich zunächst mit Verteter*innen aus dem Schul- und Bildungsbereich stärker vernetzen und gezielte Fortbildungsangebote für Lehrkräfte schaffen. Prof. Dr. Omar Kamil (Universität Erfurt) stellte bereits bestehende Projekte aus dem Arbeitsbereich „Migration und Flüchtlingsarbeit“ vor und betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung von unterschiedlichen Erinnerungskulturen und dessen Mehrwert für interkulturelles Verstehen.
Ob Arbeitsgruppen, Netzwerke oder Kooperationen, HiWelt verstehe sich, laut den Initiator*innen, als Plattform, über welche sich Verter*innen verschiedener Initiativen, Gruppen und Institutionen aus Thüringen verständigen und zusammenarbeiten können. Annegret Schüle hob verschiedene Anknüpfungspunkte mit dem Bildungsangebot des Erinnerungsorts Topf & Söhne hervor, vom forschenden Lernen über Integrationsarbeit bis hin zu niederschwelliger Bildungsarbeit. Alfred Bax betonte die Bandbreite an Kooperationsmöglichkeiten mit dem Projekt PARTHNER, das sich für eine partizipative Heimatpflege in Thüringen einsetzt. Ulli Hoffmann machte auf die Zusammenarbeit mit dem Eine-Welt-Landesnetzwerk Thüringen aufmerksam. Stefan Heerdegen von der Mobilen Beratung in Thüringen (Mobit) bestärkte die HiWelt-Initiative darin, als ein wichtiger player im öffentlichen Raum aufzutreten, um den rechtsextremistischen Vereinnahmungen historischer Ereignisse entschlossen entgegenzutreten.
Zuletzt wiesen die Initiator*innen darauf hin, dass sich alle Vereine, Gruppen und Initiativen, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger, die Interesse an historischen Themen haben, bei HiWelt einbringen können. Damit endete die öffentliche Auftaktveranstaltung. Nun geht es an die Arbeit.